Journalisten müssen neue Wege gehen
Von Sofia Dreisbach
Womit verdienen Journalisten künftig ihr Geld? „Plan A sollte sein, etwas selbst zu machen“, sagte Felix Zeltner, freier Journalist in New York, bei der Podiumsdiskussion am Sonntagmorgen auf dem Jahrestreffen der katholischen Journalistenschule ifp in Darmstadt. Zeltner hielt in seinem Vortrag ein Plädoyer für Unternehmertum.
Sein Motto: „Du arbeitest nicht für ein Medium – du bist dein eigenes Medium.“ Unterstützung fand er damit auch bei Henry Steinhau, freier Journalist und Vorstand der Freischreiber e.V.. Steinhau sagte, man müsse sich heute als Journalist vermarkten können. „Es ist gut, wenn man betriebswirtschaftliche Kenntnisse hat.“
Selbstverständlich ist Selbstvermarktung bei Journalisten aber noch nicht. Bülend Ürük, der Chefredakteur von newsroom.de in Salzburg, forderte Journalistenschulen deshalb auf: „Sie müssen den jungen Leuten beibringen wie man sagt: Hallo, hier bin ich.“ Es sei schwierig, den eigenen Weg zu gehen. Journalisten müssten lernen, Redaktionen anzuschreiben, sich vorzustellen und Themen zu "pitchen".
Als Vertreter für ein gelungenes Projekt saß Sebastian Esser auf dem Podium. Er hat als Herausgeber von krautreporter.de 2014 den Schritt zum eigenen Medium gewagt. Er zog eine positive Bilanz: „Wir machen Journalismus und zwar den, den wir uns vorstellen.“ Krautreporter sei ein kleines, etabliertes Medienunternehmen. Doch Crowdfunding sei kein Geschäftsmodell. „In unserem Fall war es die Startfinanzierung“, sagte Esser. Inzwischen habe Krautreporter 5000 Unterstützer, die monatlich 5 Euro zahlten.
Neue Wege im Journalismus zu gehen ist unausweichlich, so der Tenor der Podiumsdiskussion. Laut Felix Zeltner ist die Zeit der Massenredaktionen vorbei: „Ich sehe beim ‚Spiegel‘ Panik, ich sehe beim ‚Bayerischen Rundfunk‘ Panik. Ich sehe bei Journalisten mit Anfang 50 Existenzangst.“ Es sei jetzt die richtige Zeit, selbst etwas auf die Beine zu stellen: „Es war noch nie so einfach wie jetzt.“ Zeltner zeigte seine „3 Kissen, um gut zu schlafen“. Er finanziere sich zu 50 Prozent durch Journalismus, zu 30 Prozent durch Strategie und Beratung und zu 20 Prozent über ein Startup. Social Journalism, Erklärjournalismus, Native Advertising, Newsletter, Videos und Podcasts seien die zukunftsweisenden Modelle, wenn es darum gehe, mit Journalismus Geld zu verdienen. Die Vorbilder kämen aus den Vereinigten Staaten.
Krautreporter-Herausgeber Esser sagte: „Man muss sich von der Vorstellung verabschieden, in 15 Jahren mal Ressortleiter bei einer täglich erscheinenden Zeitung zu sein.“ Auch wenn er im Moment sehr wenig Geld verdiene, sei er zufrieden. „Dass man nicht mehr an Krautreporter vorbeikommt, das ist unsere Anerkennung.“
An dem Jahrestreffen des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp), der katholischen Journalistenschule mit Sitz in München, vom 13. bis zum 15. November 2015, nahmen etwa 160 Absolventen und Auszubildende teil. Auf dem Programm standen außerdem ein Gespräch über die Flüchtlingskrise mit Lars Oliver Hennemann, dem Chefredakteur des Darmstädter Echos und Christoph Klitsch-Ott von der Caritas international, ein Medienlabor und Redaktionsbesuche beim Darmstädter Echo, dem Nachrichtenportal t-online.de und in der Presseabteilung des deutschen Polen-Instituts. Am Samstagabend feierten die Teilnehmer einen Gottesdienst in der St. Ludwig Gemeinde in Darmstadt, bei dem ein Grußwort des Mainzer Bischofs Kardinal Karl Lehmann an die Teilnehmer des ifp-Jahrestreffens verlesen wurde.