Spezialseminar "Sexismus im Journalismus"
An einem Abend in der Kellerbar des ifp: Erstaunt stellen fünf junge Journalistinnen fest, dass jede von Ihnen bereits mit sexistischen Bemerkungen während ihrer Arbeit zu tun gehabt hat. Sie regen daraufhin ein Spezialseminar "Sexismus im Journalismus" an und werden gehört. Im Juli 2016 bietet das ifp ein Seminar zu diesem Thema an. 14 Frauen und Männer haben teilgenommen.
Wissenschaftliche Hintergründe, konkrete Tipps für den Berufsalltag und die journalistische Praxis - das Programm des Seminars bot unterschiedliche Sichtweisen. Sexistisch oder nicht sexistisch? Seminarleiterin Isolde Fugunt bat die Teilnehmenden zum Auftakt darum, Fotos und Texte zu beurteilen und ihre Meinung zu begründen. Dr. Monika Schröttle gab einen Überblick über Zahlen, Fakten und Berichterstattung zum Thema Sexismus und sexuelle Gewalt in Deutschland. Die Sozialwissenschaftlerin hat unter anderem die ersten großen repräsentativen Untersuchungen zu Gewalt gegen Frauen (und Männer) mit und ohne Behinderungen durchgeführt. Jutta Prediger, Moderatorin und Redakteurin beim Bayerischen Rundfunk, disktuierte mit den Teilnehmenden, ob und wie Sexismus im redaktionellen Alltag spürbar ist. Am Samstagnachmittag erklärte Emma-Redakteurin Alexandra Eul anhand vieler Beispiele, warum aus ihrer Sicht guter Journalismus nie sexistisch ist. Und Laura Himmelreich, seit 1. Juli Chefredakteurin von vice.com, blickte nochmals auf ihr Brüderle-Portrait "Der Herrenwitz" und die Folgen zurück. Trainerin Susanne Frölich-Steffen entwickelte mit den Teilnehmenden Strategien, um verbale Angriffe gekonnt zu kontern.
Was hat das Seminar gebracht? Vier Eindrücke.
Bernadette Schmidt, studiert in Passau, ist Stipendiatin und macht gerne Journalismus für Kinder: „Vor dem Seminar habe ich sexistische Bemerkungen als etwas abgetan, womit jede Frau irgendwie leben muss. Jetzt bin ich dafür sensibler und auch ein bisschen rebellischer geworden. Man muss nicht einfach alle Sprüche so hinnehmen. Ein paar von den Kontern, die wir uns ausgedacht haben, hab ich mir gemerkt – vor allem die, die zu mir und meinem Humor passen, zum Beispiel ein Spruch in Anspielung auf die ,Känguru Chroniken‘: ,Frauen und Männer – das sind doch bürgerliche Kategorien.‘“
Florian Eckl, studiert in Erlangen und arbeitet als Freier Fotograf: „Besonders hilfreich fand ich die Tipps von Emma-Redakteurin Alexandra Eul. Ich werde in Zukunft mehr darauf achten, wie ich spreche und mit wem ich spreche – also auch mal andere Experten und vor allem auch Expertinnen hören, als die, die üblicherweise gefragt werden. Vor dem Seminar hab ich gedacht, dass wir bei so einem Thema viel rumdiskutieren. Nicht so beim ifp: Dort lernt man Profis kennen, die wirklich Ahnung vom Thema haben und bekommt ganz konkrete Tipps.“
Viktoria Bolmer, studiert in Osnabrück und hat zuletzt ein Praktikum bei sueddeutsche.de gemacht: "Mir ist nochmals bewusst geworden, dass ich meine Wirkung auf andere durch mein Auftreten und meine Stimme stark beeinflussen kann. Es macht eben einen Unterschied, ob ich jeden Satz mit einem Fragezeichen beende, oder einfach mal einen Punkt mache und mit der Stimme runtergehe."
Christoph Matiss, berichtet als Hörunk-Volontär für den Sankt Michaelsbund in München: „Mehr Sensibilität für geschlechtergerechte Sprache - das bleibt für mich vom Seminar. Wenn ich auf weibliche Endungen verzichte, dann ist das nicht einfach nur ungerecht, sondern es gehen dadurch möglicherweise auch wichtige Informationen verloren."
Isolde Fugunt, Juli 2016