Jahrestreffen 2021 in München
„Medien in der (Corona-)Krise – was ist zu tun?“, dieser Frage stellten sich rund 240 Journalistinnen und Journalisten der katholischen Journalistenschule ifp während des Jahrestreffens, zu dem sie vom 5. bis 7. November 2021 aus ganz Deutschland in der Katholischen Akademie in Bayern zusammenkamen. Während des Podiums diskutierten Georg Mascolo, Leiter des Rechercheverbunds von NDR, WDR und SZ, Marie Eickhoff, Wissenschaftsjournalistin bei WDR Quarks und Elisabeth Gamperl, Digitaljournalistin bei der Süddeutschen Zeitung, darüber, wie Journalistinnen und Journalisten in Zeiten des Umbruchs, der Krisen und weltweiten Veränderungen bestmöglich berichten können.
„Die Frage, was bei der Corona-Berichterstattung richtig oder falsch gemacht wurde, ist eine Frage, die uns noch sehr lange beschäftigen wird“, sagte Georg Mascolo, der den Journalismus einst als „Reparaturbetrieb der Demokratie“ bezeichnet hatte. Als großen Kritikpunkt führte er an, dass Journalistinnen und Journalisten ihren Blick über den Tellerrand auf eine fast sträfliche Art und Weise nicht weiten würden. Er nannte beispielsweise die ungenügende Berichterstattung über die Ungerechtigkeit der weltweiten Impfstoffverteilung und fällte ein klares Urteil: „Wenn wahr ist, dass Pandemien den Menschen den Spiegel vorhalten, dann mag ich das Bild, das wir abgeben, nicht.“ Insgesamt waren die Podiumsgäste selbstkritisch. Auch Elisabeth Gamperl gestand ein, dass die weltweite Entwicklung der Corona-Situation trotz aller Bemühungen teilweise in den Hintergrund gerückt war.
Als positiv wurden die vielen Formate hervorgehoben, die die Medienhäuser in Zuge der Corona-Pandemie spontan entwickelten, um die Gesellschaft bestmöglich über die potenziellen Gefahren des neuartigen Virus aufzuklären. Elisabeth Gamperl erwähnte digitale Geschichten, die mithilfe von Grafiken, Texten und interaktiven Elementen komplexe Begriffe wie R-Werte und Inzidenzen veranschaulichen. Beim Thema Digitalisierung herrschte ebenfalls Einigkeit darüber, dass es wichtig sei, als Medienmarke im Internet, speziell auch in den sozialen Medien, vertreten zu sein. „Es macht Sinn, diese Kanäle zu nutzen, um etwas Gutes zu vermitteln und dabei dennoch kritisch zu berichten“, sagte Marie Eickhoff von Quarks.
Ein weiteres Thema, das durch eine Publikumsfrage aufgegriffen wurde, war die Ausdünnung der Medienlandschaft. Georg Mascolo äußerte Sorgen darüber, dass es bereits heute schon in Teilen des Landes keine Lokalzeitungen mehr gebe. Denn für eine Kernaufgabe des Journalismus gebe es keinen Ersatz und werde es keinen Ersatz geben: „Das korrigierende Element. Unsere Aufgabe besteht darin, auf die drei Gewalten zu schauen und zu schauen, ob sie ihrer Aufgabe nachkommen.“
Ein Fazit der Podiumsdiskussion könnte wohl lauten: Es ist kompliziert. Medienschaffende sind mehr und mehr gefordert, in Zeiten zunehmender Krisen besonders kritisch zu beobachten – ganz besonders auch sich selbst. Bruder Helmut Rakowski, Geistlicher Direktor des ifp, bedankte sich beim Podium dafür, „wie viel Ringen um einen richtigen Umgang mit der Krise in der Diskussion spürbar war“.
Während des Jahrestreffens stand insbesondere das ifp-Netzwerk im Vordergrund. Viel Raum dafür boten das Barcamp mit 25 journalistischen Workshops, Redaktionsbesuche (unter anderem ZDF-Landesstudio Bayern, SZ, ProSieben und Ippen-Digital) und ein buntes kulturelles Angebot.
Ein weiterer Höhepunkt war die Verleihung des Pater-Wolfgang-Seibel-Preises durch den Förderverein des ifp. In diesem Jahr gewann ihn Leonard Scharfenberg für seinen in der taz erschienenen Artikel „Das Geschäft mit gebrochenen Herzen“. Den zweiten Preis erhielt Miriam Dahlinger für eine Titelgeschichte des SZ-Magazins mit dem Titel „Topfgefühle“. Den dritten Platz machte Franziska Martin mit ihrem FAZ-Artikel „Gestern Anzug, heute Kleid“ (Bericht dazu auf domradio.de und auf unserer Website).
Der seit 2004 verliehene Preis ist mit 3000 dotiert und nach dem Jesuitenpater Wolfgang Seibel benannt, dem Gründer des ifp. Zur Jury gehörten Anne Reidt (ZDF), Vanessa Wormer (SWR), Björn Odendahl (katholisch.de), Kassian Stroh (Süddeutsche Zeitung) und Wilm Hüffer (SWR).
Das nächste ifp-Jahrestreffen findet vom 11. bis 13. November 2022 in Osnabrück statt.
Autorin: Theresa Brandl (Volontärin 2020, Kirchenbote)
Fotos: Korbinian Bauer
Fotografische Eindrücke vom Jahrestreffen in München auf unserer Facebook-Seite